Valencia mi amor oder fasziniert von einer Stadt

Nur gut, dass wir von Anfang an vorhatten, hier so lange zu bleiben, hatten wir doch Informationen aus erster Hand von Susan und Mikel von Amarone.

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Wir hatten vier Häfen zur Auswahl, was die Entscheidung nicht gerade leicht machte. Da unsere Freunde Petra und Peter von Flip Flop im Club Nautico waren, haben wir uns für die gute Alternative Marina Mar entschieden, ok, ausschlaggebend war der niedrige Preis mit 17 ,- € die Nacht, dafür nahmen wir die weiten Wege gerne in Kauf. Haben wir doch Fahrräder an Bord, die bisher immer nur im Winter zum Einsatz kamen, sollten sie nun für mehrere Tage unser Fortbewegungsmittel sein. Zuerst wurden wir jedoch von einem netten Schweizer begrüßt, der ebenfalls im Club Nautico mit seiner Stahl Reinke 10 mit Namen SY Pasodoble liegt. Andy kam am ersten Abend mit dem Fahrrad vorbei, neugierig auf unsere Reinke, haten wir uns am Tag zuvor zufällig in der Facebook Gruppe Reinke Technik und Erfahrungsaustausch kennengelernt. Andy hatte angeregt, eine Liste zu erstellen, wo welche Reinke liegt. Am nächsten Morgen haben wir seine Reinke angeschaut. Stahl halt und soviel zu tun, dass wir froh waren, eine Aluyacht zu besitzen.

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Am Nachmittag kamen Petra und Peter zu Besuch, bei Kaffee und Apfelkuchen haben wir über unsere Erlebnisse auf Columbretes  berichtet, abends gab es eine leckere Paella Marisco und wir machten Pläne, was wir gemeinsam ansehen wollten. Am nächsten Morgen also kruschelt Frank die Fahrräder raus aber oh Schreck, wo sind die Schlüssel für die Schlösser? Heftige Suchaktion, die ich mit Erfolg abschließen konnte, auf die Fahrräder und los. Erster Stop das Science Center, das man über  genial angelegte Fahrradwege erreichen kann. Dieses Zentrum liegt in einem trocken gelegten Flußbett des Turia und beherbergt ein Ozeaneum, in dem alle Meere mit Lebewesen besichtigt werden können, ein Science Zentrum, in dem die Wissenschaften erklärt werden, ein riesiger Kinokomplex, eine Ausstellungshalle und Gärten, Parks, Musikhallen und so vieles mehr. Der Fluß Turia  trat in den fünziger Jahren des letzten Jahrhunderts über die Ufer, die Überschwemmungen waren fürchterlich, viele Menschen starben, die Stadt musste evakuiert werden und man beschloss, den Fluss umzulegen. Daraus entstand eine Brachfläche mit 8 KM Länge. heute genutzt als Jardin ( Garten ) del Turia. Somit entstand mitten in der Stadt, entlang der alten Stadtmauer eine grüne Oase der Ruhe, mit Wegen speziell für Fahrradfahrer, Fußgänger, Sportflächen und der Stadt der Künste und Wissenschaften.

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Das ungewohnte Fahrradfahren iim heißen Valencia wurde erleichtert durch diese Grünanlagen. Schattige Plätze laden zum Verweilen ein, doch wir hatten ein Ziel, den Biopark, in dem der Kontinent Afrika nachgebildet wird. Nein, es ist kein Zoo, die Tiere leben in Gehegen, die nicht durch Gitter abgesperrt sind, aber ja, die Tiere sind nicht freiwillig dort, vermehren sich aber prächtig, was wir bei den Silberrücken beobachten konnten.

 

Wir liefen mehr als 5 KM durch diesen Park. auch hier viele schattige Plätze, die zum Verweilen einladen, du gehst über eine Brücke und plötzlich sieht dir eine Giraffe in die Augen. Es nahm den ganzen Tag in Anspruch, wir konnten uns von diesem Ort der Stille und Ruhe kaum trennen, unglaublich, dass dieser Park mitten in der Stadt Valencia liegt.  Zurück am Boot hatten wir mehr als 35 km geradelt, ohne die Straße benutzen zu müssen. Ihr merkt, ich bin begeistert, da könnten sich die meisten deutschen Städte drei Scheiben und mehr davon abschneiden. Man fühlt sich auf dem Rad sicher und traut sich in eine Großstadt, denn dabei handelt es sich bei Valencia, ist sie die drittgrößte Stadt Spaniens.

Doch mitten in die Altstadt trauten wir uns noch nicht mit den Fahrrädern. So nahmen wir am nächsten Tag den Bus, der direkt vor dem Club Nautico abfährt, Anreise zur Haltestelle immerhin 2 km, dies jedoch mit dem Fahrrad. Die Linie 15 brachte uns direkt an den Nordbahnhof,  er ist eine wahre Augenweide, erschaffen im Stil des valencianischen Modernismus, erbaut von Demetrio Ribes zwischen 1906 und 1917. Hier trifft Altes auf Neues, der Innenraum ist mit Mosaiken geschmückt, die Orangen, Palmen und mehr darstellen. Eine wundervoll gestaltete Holzdecke wird von wuchtigen Stützpfeilern gehalten und rundum gibt es gute Reise Wünsche in mehreren Sprachen. Daneben die modernsten Kartengeräte und die Abfahrtshalle ist eine Wucht. Da die hochmodernen Schnellzüge andere Spuren brauchten, hat man diesen Traum von Bahnhof nicht abgerissen, sondern einige Meter weiter, ein modernes Gebäude für diese Art von Fortbewegung geschaffen, die bessere Wahl als Stuttgart 21.

Nebenan gleich die Stierkampfarena, die zu den größten Spaniens gehört und zwischen 1850 und 1860 im neoklassizistischem Stil erbaut wurde. Ich habe mich geweigert, den Skipper zu einem Stierkampf zu begleiten, auch wenn es eine Vorstellung ohne Töten gab.

Nur wenige Schritte entfernt liegt an einem großen Platz, Placa de lˋAjuntament auf der einen Seite das Rathaus mit einem prächtigen Glockenturm, der noch immer die vollen Stunden ankündigt  und im Inneren gibt es ein kleines Geschichtsmuseum zu besichtigen. Wir kreuzen den Platz und stehen unmittelbar vor der Post mit einer unglaublich schönen Glaskuppel, in welche die Wappen aller 48 spanischen Provinzen  eingearbeitet sind. Im Eingangsbereich befinden sich die Briefkästen, hübsch sortiert nach den verschiedenen Bestimmungsorten. An der Außenfassade befinden sich 2 Briefkästen in Form eines Löwenmauls, wer hier seine Post einwirft, muss sinnbildlich seine Hand ins Löwenmaul stecken.

Nächster Stop ist der Mercat Central, die Jugendstil Halle, mit 8160 qm in zwei unterschiedliche Zonen unterteilt. Das Gebäude wird von Eisenträgern gehalten und ist mit viel Glas versehen sowie mit Glaskunst dekoriert. Im Inneren fällt Licht durch eine große Kuppel in 30 m Höhe. Es gibt 300 Verkaufsstände, die alle möglichen Leckereien zum Kauf anbieten. Seht selbst.

Wir kosten von den Tapas und haben plötzlich Hunger auf mehr, suchen uns eine nette Tapasbar, in der wir an Körper und Geist regenerieren. So gestärkt machen wir uns auf zum Placa de la Reina, ein weiterer begrünter Platz unmittelbar an der Kathedrale. Die Santa Maria de Valencia steht auf historischem Boden, hatten bereits die Römer hier zu Ehren der Göttin Diana einen Tempel errichtet. Nach den Goten errichteten die Muslime hier eine Moschee und nach der christlichen Eroberung der Stadt 1238 wurde 1262 mit dem Bau der Kathedrale begonnen. Gebaut wurde bis 1426 und weiter und weiter. 1703 entstand der barocke Haupteingang, ein prachtvolles Tor mit allegorischen Skulpturen verziert. Diverse Kapellen säumen den Hauptgang. Direkt neben dem Haupttor befindet sich in der Capilla del Santo Caliz der heilige Gral, ein Kelch, den Jesus beim letzten Abendmahl benutzte.

Der Hauptaltar ist ein prachtvolles Werk, das mehrere Einzelbildnisse enthält, jedes für sich ein eigenes Kunstwerk. Hier kann man Stunden verweilen, ein angeschlossenes Museum zeigt verschiedene Gemälde und religiöse Kultgegenstände der lokalen Prozessionen.

Den Glockenturm Micalet kann man über 207 sehr enge Stufen ersteigen und oben 14 Glocken sehen, von denen die schwerste 7800 kg wiegt, doch wir haben ein anderes Ziel. Gibt es doch ums Eck das Tribunal de les Aigües zu besichtigen. Dieses Wassergericht ist eine einmalige Institution, die bereits seit 1000 Jahren existiert und jeden Donnerstag tagt, ja, es ist Donnerstag, doch leider spät nach 12 Uhr, als wir endlich eintreffen. Auf valencianisch wird hier über Streitigkeiten rund um Bewässerung und Kanäle  mündlich verhandelt, dazu treffen sich die Vertreter der acht ländlichen Wasserbezirke in traditionell bäuerlicher, dunkler Tracht.

Vor dem Gebäude ein weiterer Platz, der Placa de la Mare de Deu mit einem auffälligen Springbrunnen. Die zentrale männliche Gestalt symbolisiert den Fluss Turia, die 8 leichtbekleideten Wasserträgerinnen repräsentieren die 8 Bewässerungsbezirke Valencias.  Müde und erschlagen von der Schönheit und dem Glanz dieser beeindruckenden Stadt machen wir uns per Bus zu 1,50 € auf den Heimweg.  Es heißt Abschied nehmen von Petra und Peter, die sich am nächsten Morgen auf den Weg in ihren Winterhafen nahe Barcelona begegeben. Schön war es mit Euch zusammen in Port d‘ Andratx, wo wir gemeinsam die Gewitter und Unwetter erlebt haben und auf Ibiza, beim gemeinsamen Schaukeln im Wind.

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Wir steigen am nächsten Tag auf unsere Räder und fahren zum größten Aquarium Europas. Hier werden in 42 Millionen Liter Salzwasser, die dem Mittelmeer entnommen und über ein kompliziertes System aufbereitet bzw. an kühlere oder auch wärmere Lebensräume angepasst werden.

500 Tierarten werden auf 110.000 qm in neun Bereiche verteilt dargestellt. Spektakulär ist der 70 m lange Unterwassertunnel, der sinnbildlich die Meeresfauna und – flora Europas mit der Karibik verbindet.

Praktischerweise liegt direkt gegenüber ein riesiges Einkaufszentrum. Im Carrefour decken wir uns mit Leckereien ein, sind wir am Abend doch recht erschlagen, von all dem, was wir gesehen, erlebt und erradelt haben.

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Letztlich sind wir so mutig, dass wir mit dem Fahrrad in die Innenstadt fahren. Wir schlendern durch den Garten der Königin, radeln zum Mercat de Colon, wo es heute weniger Leckereien zu kaufen,

 

als vielmehr zu esssen und zu trinken gibt, unter der Brücke de les Flors entlang, der Blumenbrücke, wo jährlich 105.000 Blumen gepflanzt werden. Früher wurden die Pflanzen mehrmals im Jahr ausgetauscht, nach der Finanzkrise 2008 konnte das Geld, 500.000 € nicht mehr aufgebracht werden.

Einen Abend treffen wir uns mit Tatjana und Thomas, die mit ihrer Stahlyacht SY Wal in der Marina Real de Juan Süd liegen, sie sind in Deutschland losgesegelt, haben aber noch so einige Projekte zum abarbeiten.

Wir besichtigen die Seidenbörse , ein wuchtiges Gebäude im gotischen Stil, das zwischen 1483 und 1498 erbaut wurde und nun um Weltkulturerbe der Menschheit gehört. Es repräsentiert Macht und Reichtum, den die Fernhändler im 15. Jahrhundert erarbeitet hatten. Der große Saal wird getragen von 17,40 m hohen Palmensäulen.  Die Händler wurden damals schon schriftlich angehalten, saubere Geschäfte abzuschließen, wenn nicht, landeten sie in einem Kerker, der praktischerweise, in das Gebäude integriert war. Im Obergeschoss tagte das Consulat del Mar, das über Streitigkeiten im Seehandel wachte. Die Holzdecke hier ist unglaublich.

Ein Katzensprung entfernt, wieder der Mercat Central. Ein letztes Mal verpflegen.

 

 

Dann stehen profane Dinge an wie Wäsche waschen, einkaufen, Route planen und Wetterberichte ansehen, ja, und dann geht es nach einem letzten Abendessen mit Andy und einer valencianischen Paella, Hähnchen, Kaninchen, Elefantenbohnen und Reis, weg aus dieser traumhaften Stadt der Paella, Kunst und Wissenschaft.

Wir erwischen einen denkbar schlechten Tag, mit viel Welle, Regen und laufen am Nachmittag im Sonnenschein Denia an. Verweilen hier nur eine Nacht unterhalb der Burg, machen einen kurzen Ausflug in die Altstadt und sagen am nächsten Morgen: hasta luego, bis bald.

Jetzt liegen wir bereits den zweiten Tag in Calpe, unter dem beeindruckenden Pennon de Ifach, der verglichen wird mit dem Felsen von Gibraltar. Während Calpe Erhebung bedeutet, wird Hifach oder Ifach mit Norden übersetzt. Die Phönizier haben hier als Erste einen Handelsplatz errichtet. Heute ist es einer der hässlichsten Orte an der Costa Blanca, ein Platz, der von Ferienhochhäusern und Hotels gekennzeichnet ist. Der Berg hinter uns ist jedoch genial, 332 m hoch, ragt er einen Km ins Meer hinaus. Die Möwen, die hier nisten, schreien Tag und Nacht. Morgen geht es für uns weiter nach Alicante und danach nach Santa Pola, wo wir Freunde aus Licata treffen werden. Die Tage werden kürzer, die Crew sehnt sich nach dem Winterhafen. Cartagena ist nicht mehr weit, womöglich sind wir bereits nächstes Wochenende dort. Wir haben viel erlebt auf den gesegelten 1600 SM bisher, noch sind wir nicht am Ziel für dieses Jahr.

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Genießt den Sonntag, lasst es euch gutgehen, wo auch immer ihr gerade seid.

 

Die Crew sagt hasta luego und bleibt uns treu.

 

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