Eintauchen in die sizilianische Geschichte

Nun sind wir seit 10 Tagen zurück auf Sizilien. Die ersten Tage waren wir geblendet von der Sonne und dem für deutsche Verhältnisse sehr gutem Wetter. Während wir das Boot auf Vordermann gebracht haben, mussten wir auf Sommerbekleidung umrüsten. Wie schön, endlich mal kurze Hosen zu tragen. Am Donnerstag durfte Frank das Markttreiben kennenlernen. Wir haben es sehr genossen, uns mit frischen Lebensmitteln zu versorgen. Der Preis spricht Bände. Für ein Auto  voll Gemüse, Obst, Salami, OIiven und vielem mehr, haben wir lediglich 15 € bezahlt, einschließlich dem portablen Espresso, den wir von einem fahrbaren Stand gekauft haben. Als die Grundversorgung gesichert war, haben wir uns auf den wohlverdienten Heimweg gemacht. An Bord angekommen, habe ich den ersten grünen Smoothie für das Jahr 2018 zubereitet,  Dank der Ananas hat er lecker geschmeckt und der ganz frisch geerntete Spinat hat mir den richtigen Kick gegeben. Am Samstag sind wir rund um Licata gefahren. Zuerst wollten wir einen Metzger in Ravenusa aufsuchen, dies ist aber an diversen gesperrten Straßen gescheitert. Der Flair des sizilianischen Straßennetzes hat sich uns nicht erschlossen. Sobald man von den breiteren Landstraßen abbiegt, kommt man in eine Art offline Modus. Straßen sind unterspült, weggebrochen, gesperrt. Wir haben den Metzger aufgegeben und sind nach Palma di Montechiario gefahren. Dort stammt die Familie meiner Friseurin Lilly her. Als es zu regnen begann, haben wir uns auf den Heimweg gemacht, ohne den Strand gesehen zu haben.

Das erste BBQ am Sonntag haben wir in strahlendem Sonnenschein genießen dürfen. Die Stimmung war ausgelassen, da während der letzten Tage immer mehr auf ihre Boote zurückgekehrt sind. Das finnische Moekispiel hat Frank zweimal gewonnen. Der Sieger hat den Rest des nachmittags verschlafen, während ich zum Strand spaziert bin und einen fantastischen Sonnenuntergang erleben durfte. Die Tage werden länger und es ist deutlich wärmer als zu Beginn des Dezembers. Da wir noch einige Arbeiten an Bord zu bewältigen haben, mussten diverse Termine mit Handwerkern abgearbeitet werden, denn wenn wir den Sommer über in Griechenland zubringen wollen, benötigen wir Solarpanele. Mit diesen sind wir unabhängig vom Stromnetz.

Sarah hat ihren Aufenthalt in England genutzt und weitere Pilates DVDs mitgebracht. So war das Erstaunen am Montag groß, als es in der Übungsstunde doch sehr anstrengend wurde. Zum Glück hat Fabiana am Dienstag eine sehr entspannende Yin Yoga Stunde angeboten, das hat die vernachlässigte Muskulatur entspannt.  Den freien Mittwoch haben wir genutzt um weiter in die sizilianische Geschichte einzusteigen. Wir sind ins Valle dei Templi gefahren um die griechische Anlage zu besichtigen.

Mit Audioguide ausgestattet haben wir den Rundweg beim Tempel der Hera begonnen. Dieser Tempel steht am östlichsten Punkt der Anlage, so dass die Besucher von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang geleitet werden, da der letzte Tempel ganz im Westen des Areals steht. Der Tempel di Juno Lacinia entstand zwischen 460 und 440 vor Chr. Hier wurden Opfer dargebracht. Bei Tieropfern verbrannte man die für die Gottheiten bestimmten Teile auf dem Altar, während die Gläubigen das Fleisch bei einem gemeinsamen Mahl verspeisten. Die Anlage befindet sich über einem lieblichen Tal mit Meerblick, so dass der Blick immer in die Weite schweifen kann. Der nächste Tempel ist Concordia gewidmet, wurde ca 425 v Chr. erbaut und ist einer der vollständigsten der gesamten griechischen Welt. Ein ausgeklügeltes System aufeinander abgestimmter Maßverhältnisse ließ den Tempel auch aus größerer Entfernung als optische Einheit erscheinen. Im 7. Jh. wurde er in eine christliche Basilika umgewandelt, daher ist er bis heute sehr gut erhalten. Weiter geht es durch einen lieblichen Garten mit weißblühenden Mandelbäumen, deren Duft einfach betörend ist. Allein der Geruch war es wert, hier her zu kommen. Zwischen den Mandelbäumen stehen Olivenbäume, der Stämme darauf hinweisen, dass es sich um uralte Bäume handelt. In der Villa Aurea sehen wir uns eine Ausstellung an, die auf das Flüchtlingsproblem hinweist. Der Künstler hat Fotografien mit Blechteilen versehen, die mir teilweise den Atem raubten. Ein Mädchen hält eine Puppe im Arm. Rucksäcke, Taschen schwimmen im Meer. Hier auf Sizilien kommen viele Flüchtlinge an und einige Tage später werde ich lesen, dass dieses Jahr im Januar viel mehr Vertriebene hier anlanden, als noch ein Jahr zuvor.

Unser Weg im Valle dei Templi führt an einer frühchristlichen Grabanlage vorbei und wir gelangen zum Tempio di Ercole ( Herkules), der bereits ca 500 v. Chr. erbaut wurde. Der Tempel ist verfallen, lediglich die Säulen wurden zun Beginn des 20. Jh. wieder aufgerichtet. Ich will nicht verschweigen, dass die Anlage von einer Stadtmauer umgeben ist, die bis auf Reste zerstört wurde, jedoch immer wieder Ausblicke auf das ruhige Mittelmeer gewährt. Die beiden letzten Tempel, der des Zeus und der der chtonischen Gottheiten sind komplett zerstört. Den Giardino della Kolymbetra müssen wir uns später ansehen. Er wird erst im Feburar eröffnet und wir waren am 31. Januar hier.  Im März findet das Mandelblütenfest statt, sodass wir einen weiteren Grund haben, nochmals hierher zurück zu kommen.

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Da uns die Sonne verwöhnt fahren wir weiter entlang der Küste und besuchen unsere Partnerstadt Realmonte. Hier gab es früher Schwefelgruben, heute ist dieser Küstenabschnitt dank seiner tollen Strände bekannt. Wir wollen uns gar nicht vorstellen, welch ein Betrieb im Sommer hier herrscht. Maria von der Marina erzählt mir einige Tage später, dass viele aus Licata im Sommer mit ihren Booten nach Realmonte fahren, um die schönen Strände zu genießen.

Am Donnerstag machen wir uns ins Landesinnere auf. Vorgewarnt durch Birgit, weiß ich, was uns an Straßen erwartet, doch das Erlebnis ist dann doch sehr beeindruckend, denn teilweise haben wir das Gefühl, wir fahren über Feldwege. Überall stehen Hinweise, dass diese Straßen bei Regen nicht befahren werden dürfen und das können wir uns gut vorstellen, denn teilweise fahren wir durch zentimeterdicken Sand, der von den steilen Hängten gespült wird. Die Ortsdurchfahrt von Barrafranca fordert uns erheblich, doch dank Navigation mittels Handy kommen wir wohlbehalten durch den spektakulären Ort. Nur wer dort war weiß, wovon ich schreibe. Das Ziel unseres Ausfluges entschädigt für alle Unannehmlichkeiten während der Fahrt. Wir besichtigen ein weiteres Weltkulturerbe: die Villa Romana del Casale. Die Villa entstand zwischen dem 3. und 4. Jh nach Christus und liegt in einem wald- und wasserreichen Tal. Bis heute weiß man nicht, wem diese luxuriöse Villa gehörte, eventuell Kaiser Maximilian oder einem aus Nordafrika stammenden Gouverneur von Sizilien. Die sehr gut erhaltenen Mosaike zeigen ein luxuriöses Leben, indem der genussfreudige Mensch, Jagden und Spiele im Vordergrund standen. Eine hauseigene Therme zeigt auf, wie der Mensch in der Spätanike kurz vor Untergang des römischen Reiches gelebt hat. Die imposante Villa mit 3500 qm gliedert sich um einen zentralen Säulenhof. Daran schließt sich im Westen die Thermenlandschaft an, im Norden der Gästeflügel und im Osten die privaten Gemächer mit dem Empfangssaal, im Süden die Speiseräume. Die von nordafrikanischen Künstlern geschaffenen Bodenmosaiken sind in leuchtenden Farben gestaltet und mit großer Liebe zum Detail erzählen sie aus der griechischen und römischen Sagenwelt. Ein Erdrutsch im 12. Jh  hat die Anlage verschüttet, daher sind die Mosaiken so gut erhalten.

Von diesem einzigartigen Kulturgut machen wir uns auf den Heimweg, der uns über Piazza Armenia über Gela nach Licata zurückführt.

Ereignisreiche Tage haben wir erlebt, nun ist bereits unsere zweite Woche angebrochen, das Wetter schlechter geworden, so dass ich den Samstag zum Schreiben nutzen kann. In der Hoffnung, dass das Wetter schöner wird, wünsche ich Euch ein geruhsames Wochenende, wo auch immer Ihr gerade seid.

 

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