Glück ist…

…endlich wieder an Bord zu sein! Vor 11 Monaten hätte ich es nicht geglaubt, dass ich jemals wieder das Schiff betreten würde. Nun sind wir schon mehr als 3 Monate hier in Licata, Sizilien. Am 10. Februar habe ich es ohne fremde Hilfe an Bord geschafft und das, obwohl wir über die Bugspitze an Deck klettern. Schnell war mir klar, dass ich so schnell nicht zurück nach Deutschland möchte. Die Flugverbindungen sind rar, mehrfach Zwischenlanden wäre notwendig geworden. So habe ich mich um einen Physiotherapeuten bemüht und dank der Hilfe des Marina Office, Carmelo gefunden.

…den Mann mit den magischen Händen.

Er hat einen anderen Ansatz und mir gleich einmal Lymphdrainage für Arm und Bein empfohlen. Die ersten Wochen hat er mich jeweils 2 mal in der Marina abgeholt, behandelt und dann wieder zurück gebracht. Mittlerweile genügt eine Behandlung pro Woche und ich gehe die 2 km zu Fuß. Die Spastiken, die mich gequält haben, sind sogut wie verschwunden, ab und zu zuckt mein linker Fuß etwas, aber kein Vergleich zu Deutschland. Auch konnte ich das Medikament Tolperison um die Hälfte reduzieren.

… meine täglichen Übungen in der Sonne durchführen. Das motiviert natürlich ungemein, mittlerweile in T Shirt und kurzer Hose und am Vormittag, weil es warm geworden ist. Nur heute nicht, da gerade eine Kaltfront durchzieht, in Verbindung mit viel Wind, ungemütlich.

… das gute Essen, die frischen Früchte und Gemüse, vieles direkt vom Erzeuger und meiner Freundin Ruth, die in der Nähe in den Bergen wohnt und immer wieder mit Überraschungen aufwartet, wie Mandeln, Zitronen, Feigen und und und. So habe ich kürzlich marokkanische Salzzitronen eingelegt, Limoncello angesetzt und Erdbeermarmelade eingekocht. So vergehen die Wochen im Fluge.

…wenn man einen Mann hat, der an Bord alles selbst machen kann. Er hat unserem Boot eine Aufhübschung verpasst, das Unterwasserschiff gereinigt, gestrichen, eine Warmwasser Außendusche installiert, Holz gestrichen, die Elektronik verbessert und vieles mehr. Während unseres einwöchigen Aufenthaltes in der Werft hat er uns ein schönes Appartement in der Altstadt besorgt, so dass ich das Leben der Nachbarn hautnah erleben durfte. Hautnah im wahrsten Sinne, da die Häuser in der Altstadt dicht an dicht stehen und man dem Nachbarn gegenüber die Hand reichen kann. Da das Appartement eine Waschmaschine hatte, wurde täglich gewaschen und meine Wäsche flatterte mit der der Nachbarn um die Wette.

…einen Cappuccino in der Sonne zu trinken.

Wenn auch die Auswirkungen der Pandemie deutlich zu spüren sind. Während der zona rossa haben wir nachts Ausgangssperre, Restaurants sind geschlossen, es gibt lediglich Essen und Trinken to go. Nun ist die Ampel auf orange gesprungen und wir warten auf weitere Lockerungen. Wir vermissen die sonntäglichen BBQs, den Austausch mit der Segelgemeinschaft. Treffen sind möglich, werden aber bewusst klein gehalten. Schwätzchen am Steg, gemeinsame Wanderungen, ab und zu ein Drink bei Gaspare in der Blue Sky Bar, mit dem nötigen Abstand kein Problem, weil immer draußen. Das macht das Leben in Corona Zeiten hier im Süden mehr als erträglich.

… geimpft zu sein! Wenn auch nur ich das Glück hatte und am 30. April beim freien BioNTech Impfen dabei zu sein. Wie in Deutschland gibt es hier eine Priorisierung und Dank meiner 60 Jahre und meiner Erkrankung war ich Nutznießer. Aber es bedurfte dreier Anläufe. Mit Astra Zeneca wollten sie mich nicht impfen, aber man hatte mir mitgeteilt, dass ich mich registrieren müsste, was ich mit Hilfe der Marina erledigen konnte. Eine Woche später war freies Impfen, aber man hat mich abgewiesen. Freitags kam meine Freundin Ruth und sagte, heute ist erneut freies Impfen. Sie fuhr mich zum Krankenhaus und wir ergatterten 2 Nummern für das Impfen am Nachmittag. Ueli, Ruth’s Mann und ich wurden am Abend tatsächlich geimpft, im nach hinein muss ich gestehen, dass ich unendliches Glück hatte, gemeinsam mit Ueli dort gewesen zu sein, mit seinen phantastischen italienisch Kenntnissen und seinem Charme hat er alle um den Finger gewickelt. Außer mir hat das in der Marina niemand erreicht. Mein Neurologe in Deutschland konnte es nicht fassen, dass ich ohne italienischen Pass dieses Glück hatte. Da ich Covid 19 Genesene bin,habe ich nun umfänglichen Schutz, nun brauche ich nur noch die Greencard!

…Sizilien, mir kommt es mittlerweile wie meine Heimat vor. Die Menschen sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Halten ein Schwätzchen, wenn sie merken, du bist Deutsche, viele haben zu mindest ein paar Jahre in Deutschland gearbeitet und gelebt. Als ich das erste Mal im Labor zur Blutuntersuchung war, hat eine Frau gleich übersetzt und mich unterstützt. Natürlich ist hier nicht alles perfekt, manches total chaotisch, aber ich fühle mich wohl.

…wenn wir los segeln können, natürlich werden wir unruhig, warten aber die Reisefreiheit ab, damit wir die Provinzgrenzen überschreiten dürfen. So hoffen wir, spätestens im Juni die Segel setzen zu können. Für mich wird dies ein weiterer Meilenstein sein und ein Test, wie weit sich mein Gleichgewichtssinn gebessert hat. Gestern habe ich einen schönen Spruch gelesen: der die Tragödie überlebt hat, kann nicht ihr Held sein! Bin ich so glücklich, nicht Held zu sein !

…Dankbarkeit für all die lieben Menschen um mich herum, die mir Mut gemacht haben und in den letzten 11 Monaten bedingungslos zu mir standen

🥰🥰🥰