Zwischen den Inseln 5: von den Inseln der Winde, in den Wind nach Sizilien

Am letzten Freitag morgen ganz früh haben wir die Inseln des Windes, die 7, nach Eolos, dem Gott des Windes, benannten Inseln verlassen. Lipari liegt quer ab, Vulcano voraus. Die Fumarolen qualmen und setzen ein Zeichen. Auf den Bildern, die ich mit meinem Handy mache, sehen wir links Qualm von Vulcano und rechts Qualm von Salina, der Vulkan  von Stromboli qualmt hinter uns. Wir werden diese Inseln und ihren Liebreiz so schnell nicht vergessen. Vor uns zeichnet sich klar und deutlich Sizilien ab.

Zum ersten mal seit Tagen ist die Sicht gut. Dies bedeutet eine einfache Ansteuerung, allerdings siehst du auch den ganzen Tag, wo die Reise hingeht. Da wir endlich auch mal wieder Segel gesetzt haben, sind wir ziemlich schnell unterwegs. Der Autopilot steuert den Kurs, wir haben Zeit zu lesen, zu essen und zu beobachten. Die Markierungen der Fischer müssen umfahren werden. Manchmal haben wir das Gefühl, dass neben uns einfach eine Boje aufploppt. Da kann man so viel beobachten wie man will. Ein gutes hat das Rundumsehen dann doch: ich sehe eine riesige Schwanzflosse. Eindeutig die eines Wales, denn für einen Delphin war das Gesehene zu groß. Es ist spät am Nachmittag, als wir Cefalu vor uns sehen. Ein weiteres liebreizendes Städtchen mit einer historischen Altstadt und natürlich einer Kokathedrale im normannischen Stil. Sie gehört zum Weltkulturerbe. Leider will uns niemand einen Platz im Hafen zuweisen, all unsere Bemühungen bleiben ungehört, bzw. unbeachtet. Einfach so in den Hafen hineinfahren wollen wir auch nicht, denn im Hafen wird geankert, also wieder raus aus der Ansteuerung. Plan B muss her. Wir umfahren die Altstadt und sehen nun, dass es sich um keine sichere Bucht handelt. Trotzdem werfen wir den Anker, in der Hoffnung, dass nach dem Essen eventuell der Schwell nachlässt. Weit gefehlt. Ich lege mich hin, dann dreht der Wind und die Welle steht voll auf unser Heck. Ich quäle mich, wälze mich hin und her, an Schlaf ist nicht zu denken. Wir entschließen uns, direkt ankerauf zu gehen und Palermo anzulaufen. Mitten in der Nacht, müssen die einzelnen Leuchttürme und Lichter genau bekannt sein, in weiser Voraussicht hatte der Skipper und Navigator schon die 3 zu beachtenden Leuchtfeuer notiert. Außer uns ist niemand unterwegs. Wir haben die Genua draußen und genießen die Fahrt durch die Nacht, wenn da nicht die hohe Welle wäre. Gegen morgen nimmt der Verkehr zu, schließlich laufen wir die Hauptstadt Siziliens an, entsprechend viele Fähren und Kreuzfahrer sind unterwegs. Wir beschließen, mit dem ersten Tageslicht Palermo einzulaufen. Ein Kreuzfahrer und eine Fähre werden von Pilotbooten gelotst, dann kommt unsere große Stunde, Einfahrt in den Stadthafen von Palermo. Er ist schon etwas größer und die Orientierung nach durchwachter Nacht nicht ganz einfach. Um 7:30 liegen wir dort, wo wir eigentlich nicht liegen wollten, doch so früh am Morgen, war kein Marinero aufzutreiben. Wir gönnen uns ein opulentes Frühstück mit 3 Spiegeleiern. Frank ist zu aufgedreht zum schlafen und macht einen Spaziergang durch die Stadt, während ich versuche, wenigstens eine Stunde Schlaf zu bekommen. Doch auch ich bin nicht wirklich in der Verfassung, jetzt zu ruhen. Ich stelle fest, dass wir in den Hochsommer zurück gekehrt sind. Also packe ich die Sommerkleider aus und wir steuern nun gemeinsam die Stadt an. Was gleich auffällt ist die Dichte an historischen Häusern, wunderschönen Plätzen und bella vita. Wir lassen uns treiben, haben nichts vor. Die Stadt macht uns sprachlos. In 2 Stunden haben wir gefühlt 100 Kirchen gesehen.

An der schönen Piazza Pretoria bewundern wir einen Brunnen direkt vor dem Rathaus.

Hinter dem Rathaus stehen zwei Kirchen aus der normannisch byzantinischen Zeit, die wir uns später noch ansehen werden.

Wir laufen die Straße weiter und stehen plötzlich vor den Quattro Canti.

Es handelt sich dabei um vier Häuser, die an einer Straßenkreuzung stehen und quasi achteckig sich einfügen. Die Gebäude sind reich verziert und stellen Personen zu den vier Jahreszeiten dar. Wenn man dieser Straße folgt, kommt man gleich an den wunderschönen Platz Bologna. Hier rasten wir etwas im Schatten, trinken einen Prosecco und ein Bier und lassen die Stimmung auf uns wirken. Es ist Samstag Nachmittag, der Platz ist mit Lokalen gut bestückt, Musiker ergänzen die Stimmung auf dolce vita. Wir machen uns wieder auf und entdecken nach ein paar hundert Metern die Kathedrale von Palmero. Normannischer Stil mit kleinem Park. Die Besichtigung heben wir uns für ein anderes Mal auf. Wir flanieren im wahrsten Sinne von Highlight zu Highlight ohne zu vergessen, dass am Abend der leere Magen gefüllt werden muss. In einem Carrefour decken wir uns mit dem nötigsten ein. Da Palermo so viele Schmuckstücke hat, beschließen wir, einige Tage hier zu bleiben und uns Kunst und Kultur zu widmen. Das Wetter soll auch sehr windig werden, ein Grund mehr, hier zu bleiben.

Schock am Morgen. Das Lieblingsspielzeug des LI wurde geklaut, haben uns die Arschlöcher (O-Ton LI) doch tatsächlich über Nacht die Angel nebst Rolle vom Boot entwendet, wobei wir direkt darunter geschlafen haben. Frank ist entsetzt, auch etwas verärgert wegen seiner Leichtsinnigkeit. Wir sind um eine Erfahrung reicher und um eine Angel ärmer. Es wird bis Weihnachten nur noch  gekauften Fisch auf den Tisch kommen.

Am Sonntag ist die Stadt überfüllt. Fast alle Straßen wurden zu einer Fußgängerzone umfunktioniert. Der Grund für die Menschenmenge: ab Ende September bis Ende Oktober kann man, nachdem man sich registriert hat, die bedeutendsten Kirchen, Gebäude, Paläste für kleines Geld ansehen. Eine Registrierung am Plazza Pretoria genügt und es kann losgehen, einreihen in riesige Schlangen und warten, bis man die Gebäude betreten kann. Wir entschließen uns, dem nicht zu folgen, sondern picken uns ein paar Gebäude und Kirchen heraus, die wir uns ansehen. Als erstes betreten wir die Chiesa e Chiostro di Santa Caterina d`Alessandria. Es handelt sich  um eine Kirche mit angeschlossenem Kloster, in dem Nonnen lebten.

Man sieht die kleinen Zellen der früheren Bewohnerinnen, davor jeweils ein kleiner Brunnen als Waschgelegenheit. Die Nonnen haben ihr ganzes Leben diesem Kloster gewidmet, jede hatte ihre speziellen Aufgaben, daneben natürlich beten. Die Kirche ist unglaublich reich verziert, es blendet in den Augen. Spektakulär ist, dass man über Balkone auch ins innere der Kirche vordringt. Man sieht die Rundung des Daches, weil man dahinter vorbeigehen kann und über steile Stiegen am Glockenturm vorbei schließlich auf das Dach gelangt. Von hier aus hat man eine hervorragende Sicht über die ganze Stadt, einschließlich Hafen und Hinterland. 85 Personen dürfen gleichzeitig oben sein, dann bitte wieder zügig absteigen, natürlich wollen wir auch fotografieren. Am Ende besichtigen wir die Kirche. Von hier aus geht es zur Kathedrale, denn diesen Prachtbau wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Gualtiero, der Erzbischof gründetete diese Kirche zwischen 1169 und 1190. Die Kirche wurde immer wieder erweitert, dies ist beachtlich, da Sizilien nicht immer katholisch war, sondern auch islamische Herrscher hatte. Den Nachmittag lassen wir in einer Osteria ausklingen. In der Nacht frischt der Wind auf. Am Montag nutzen wir den Tag um einzukaufen und zu faulenzen, obwohl wir auch da mindestens 10 KM durch die Stadt gelaufen sind. Gestern am Dienstag standen wieder einige Kirchen auf dem Programm, denn der islamische Stil einiger Gebäude hat uns sehr begeisert. Die Chiesa di San Cataldo wurde ca 1160 begonnen zu bauen, direkt dahinter die Kirche der heiligen Maria des Admirals, die Martorana. Es handelt sich hierbei um eines der schönsten Meisterwerke Palermos und wurde von Georg von Antiochien in Auftrag gegeben. Ihre Geschichte ist kontrovers und von vielen Machtübergängen gezeichnet. Einzigartige Mosaike zeigen die Krönung des Königs Rüdigers und Georgs von Antiochien zu Füßen Marias. Heute werden byzanitinisch orthodoxe Rituale durchgeführt, gilt diese Kirche als Co – Kathedrale von Eparchia die Piana degli Albanesi.

Ich könnte stundenlang weiter berichten, will euch jedoch nicht langweilen. Als weiteren Höhepunkt haben wir gestern das Theatro Massimo besichtigt. Es stellt den Stolz der Stadt dar, denn es handelt sich um das drittgrößte Theater von Europa. Es steht an der Piazza Verdi, benannt natürlich nach Verdi, der in diesem Opernhaus eine Oper uraufgeführt hat. Das Gebäude wurde 1997 restauriert, ist in einem außerordentlich guten Zustand. 3200 Personen können hier gleichzeitig der Kunst frönen, da die Logen über mehrere Etagen angeordnet sind. Allein im Innenraum finden 400 Personen Platz. Wir konnten in der Loge des Königs sitzen und waren ob der Größe sehr beeindruckt.

Was wäre das Mittelmeer ohne Märkte. Natürlich haben wir auch hier den einen oder anderen angesehen. Am schönsten war für mich der Mercato Ballaro, der sich als Straßenmarkt unendlich lange hinzieht und alles zu bieten hat, was man sich so vorstellen kann, gleich ob Schweinsköpfe, Schwertfische, Gemüse, Obst, vorallem auch Nüsse. Ich habe noch nie so große Walnüsse wie hier gesehen. Ansonsten gibt es in jedem Viertel Händler, die ihre Ware auf kleinen Verkaufsständen oder den Dreiradautos verkaufen.

Heute wird das Boot aufgeklart und für die Weiterreise ins Winterlager vorbereitet. Ich wurde zweimal zum bunkern von Lebensmitteln in die Stadt beordert. Wir haben einfach von allem zu viel an Bord. Über Winter muss die Strategie neu überdacht werden, denn wir räumen und suchen uns echt ein Apfelkörbchen. Der Asiatische Nudelsalat für morgen tagsüber ist vorbereitet, ein frischer Smoothie kühlt und heute wird es zum ersten Mal in Italien Spagetti Bolognese geben. Wir merken, dass der Mistral der letzten Tage mit dem Nordwind für Abkühlung gesorgt hat. Die Sommerkleidung wird verstaut, denn es wird Herbst auf Sizilien. Tutto bene aus Palermo.

 

 

Ein Gedanke zu „Zwischen den Inseln 5: von den Inseln der Winde, in den Wind nach Sizilien“

  1. Liebe Eva, lieber Frank, wir freuen uns jeden Tag auf Neuigkeiten von Eurem großen Abenteuer und lesen immer gebannt Eure Berichte. Vielen Dank das ihr uns alle teilhaben lasst. Allzeit ne Handbreit Wasser unterm Kiel wünschen Heike und Markus

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